Es ist tragisch, wenn handelnde Personen nicht rechtzeitig erkennen, was die Stunde geschlagen hat. Im ungünstigsten Fall führt der Weg direkt in den Abgrund. Und dann nützen auch Tradition und die bislang erworbenen Verdienste nichts mehr. So geschehen in der badischen Residenzstadt Karlsruhe.
Goldene Vergangenheit
Die Geschichte ist dramatisch, traurig und eigentlich auch unnötig. Der Karlsruher FV zählt zu den bedeutendsten Vereinen der frühen deutschen Fußballgeschichte. Deutscher Meister, zweifacher deutscher Vizemeister, achtfacher Süddeutscher Meister. Dazu kommen noch diverse regionale Titel. Zu gut deutsch: Der Karlsruher FV war einmal eine verdammt gute Fußball-Adresse. Allein in der Elf, die 1910 die Deutsche Meisterschaft holte, standen Spieler, die heutzutage in die Rubrik »unbezahlbar« fallen würden. Der geniale Mittelläufer Max Breunig, der »Mann mit der unwahrscheinlichen Tor-Quote« Gottfried Fuchs, seine Sturmpartner Julius »Juller« Hirsch und Fritz Förderer. Das war erste Sahne. Das legendäre Stadion an der Telegrafenkaserne bebte, wenn der KFV-Sturm in jenen Jahren auf Torejagd ging.
Und immer wieder Walther Bensemann
Einer der Mitbegründer des Karlsruher FV war ein gewisser Walther Bensemann(Link zum Buch). Er gründete nicht nur Vereine, sondern organisierte auch die sogenannten Ur-Länderspiele. Im Jahr 1920 gehörte Bensemann dann auch zu den Gründervätern des »kicker«, Deutschlands traditionsreichem Fußball-Magazin. Eine reife Lebensleistung. Bensemann war Jude und musste deshalb später in die Schweiz emigrieren.
Langsamer Abstieg
Leider konnte der Karlsruher Fußballverein dieses anfängliche Niveau nicht halten und spätestens Mitte der 70er Jahre begann dann auch der sichtbare Abstieg des Clubs. Zum sportlichen Elend gesellte sich auch noch das finanzielle. Eine ungute Verbindung, die dazu führte, dass der KFV 2004 wegen Zahlungsunfähigkeit vom Spielbetrieb ausgeschlossen wurde.
Am Ende kam es dann richtig dick
Und nun kam es richtig dick für die Karlsruher. Der Club musste sein Sportgelände abgeben (siehe im Buch das Kapitel »Ein Gschmäckle bleibt«). So ganz hasenrein war diese war die Nummer nicht und deshalb bleibt ein ziemlich übler Nachgeschmack. Am Ende wurde das Stadion an der Telegrafenkaserne abgerissen. Es war die Stätte, an der die Deutsche Nationalmannschaft ihr erstes Länderspiel gewinnen konnte. Und es bleibt die Frage: Geht man so mit seinen Kulturgütern um?
Ein Denkmal für einen einst großen Club
Das Autorenkollektiv hat ein wunderbares Fußballbuch vorgelegt. Das Buch fesselt von der ersten Seite an und setzt dem Karlsruher Fußballverein ein Denkmal. Gleichzeitig erinnert das Buch aber auch an ganz dunkle Zeiten. Julius Hirsch und Gottfried Fuchs waren Juden und bekamen später deutlich zu spüren, dass ehemalige sportliche Verdienste bei politischen Machthabern gar nichts wert sind. Julius Hirsch landete im KZ und wurde 1950 für tot erklärt. Gottfried Fuchs hatte mehr Glück. Er konnte emigrieren. Insofern ist dieses Buch auch eine Mahnung, diese dunklen Zeiten niemals zu vergessen und danach zu handeln.
Karlsruher FV (Hrsg.)
Steffen L. Herberger, Werner Skrentny, Andreas Ebner, Bernd-M. Beyer, Thomas Alexander Staisch, Herbert Durand, u.a.
Ein Stück deutscher Fußballgeschichte – 125 Jahre Karlsruher Fußballverein
1891 – 2016
376 Seiten, Format 21 x 29,7 cm, Paperback
ISBN: 978-3-00-054943-4
Preis: 22,90 €
Hinweis: Das Buch ist in einer 1000er-Auflage im Selbstverlag erschienen und kann hier bestellt werden:
Direkt beim Karlsruher FV: info@karlsruher-fv1891.de oder im Fan Shop unter <a href=“https://karlsruher-fv1891.de“>www.karlsruher-fv1891.de</a>
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