Bobby Reiniger: Rückspiel gegen TeBe wird die Meisterschaft entscheiden

David Hollwitz, Bobby Reiniger beide SV Lichtenberg 47

Bobby Reiniger, Zweiter von links, vor dem Einlaufen, vorne David Hollwitz

Seit dem dem 1. Juli 2011 trägt Sebastian »Bobby« Reiniger das Trikot des SV Lichtenberg 47. In diesen Jahren hat er mit den »47ern« reichlich Erfolge gefeiert: Aufstieg in die Oberliga, Regio-Cup-Sieger 2013 und 2019. Doch galt es auch, bittere Pillen zu schlucken: Ganz oben stehen dabei zwei verlorene Pokalfinales (das zweite 2016 sogar gegen einen unterklassigen Gegner). Am Ende der Saison 2013/2014 wurde Sebastian Reiniger zum Berliner Amateurfußballer des Jahres gewählt. Eine schöne Auszeichnung. In der Winterpause der Spielzeit 2018/2019 steht der SV Lichtenberg 47 ungeschlagen auf Platz 1 der Oberliga-Tabelle. Grund genug, ausführlich mit dem Lichtenberger Führungsspieler »Bobby« Reiniger zu reden.

Kabine: Der SV Lichtenberg 47 ist ungeschlagener Herbstmeister der Oberliga Nordost/Nord. Das war so nicht unbedingt zu erwarten. Wie erklären Sie sich den Lauf, den Ihr Team gerade hat?

SR:  Da gebe ich Ihnen absolut Recht. Wir haben einen sehr guten Start erwischt. Dieser gab uns zusätzliches Vertrauen in unsere eigenen Stärken, wodurch wir diese Serie fortführen konnten. Umso ärgerlicher ist es eigentlich, dass der Abstand zu den weiteren Tabellenplätzen so gering ist. Nichtsdestotrotz sind wir sehr glücklich mit dem bislang Erreichten.

Tennis Borussia ist der stärkste Konkurrent

Kabine: Wie schätzen Sie die Mitkonkurrenten um die Meisterschaft in der Oberliga ein? Welche Stärken bzw. welche Schwächen sehen Sie da?

SR:  Ich sehe natürlich Tennis Borussia als unseren stärksten Konkurrenten um die Meisterschaft an. Aus unserer Sicht ist der Aufstieg dort ein »Muss« und von daher dürfte dementsprechend Druck vorhanden sein. Dies könnte unter gewissen Umständen die Schwäche von TeBe werden. Generell empfinde ich den Kader von TeBe als unheimlich stark, sodass wir uns auf eine spannende Rückrunde freuen können. Greifswald und Zehlendorf möchte ich an dieser Stelle auf keinen Fall vergessen. Diese beiden Mannschaften spielen attraktiven Fußball mit einem klaren Konzept. Bei eventuellen Ausrutschern der Konkurrenz traue ich diesen Teams durchaus die Konstanz zu, noch aufschließen zu können.

Kabine: Stichwort «Torgelow« – In Mecklenburg lagen Sie im letzten Spiel zwei-null vorne, haben aber trotzdem noch überflüßigerweise den Sieg aus der Hand gegeben. Die Kollegen von TeBe wird es gefreut haben. Der Drei-Punkte-Vorsprung ist weg. Wie geht so etwas? War das der Übermut oder die Lässigkeit? Wenn am Ende zwei Punkte fehlen, dann könnten Sie es, Stand jetzt, an diesem Spiel festmachen.

SR: Dieses Spiel müssen wir als große Warnung für uns selbst verstehen. Wer es nicht schafft aus einem Chancenverhältnis von ca. 15:4 einen Sieg zu erringen und so schlampig mit seinen Möglichkeiten umgeht, hat es am Ende nicht verdient zu gewinnen. In vielen Spielen war unsere Chancenverwertung unser Problem. Daran müssen wir arbeiten, um die Spiele generell noch dominanter gestalten zu können.

Staaken ist aus unseren Köpfen

 

Bobby Reiniger (SV Lichtenberg 47)

Warmlaufen – Bobby Reiniger (li.), David Hollwitz und Philip Grüneberg

Kabine: Es gab einen zweiten schwarzen Fleck im erfolgreichen Fußball-Herbst: Das Pokal-Aus gegen den SC Staaken. Damit haben Sie sich evtl. die Tür zu Höherem zugemacht. Ist das Spiel noch ein Thema bei Ihnen bzw. der MannschaftWenn wir auf die Pokalauslosung danach schauen, dann sehen wir, dass Staaken ja lösbare Aufgaben bekommen hat. Wie sehr beißt Sie das?

SR: Der Pokal spielt tatsächlich in unseren Köpfen keine Rolle mehr. Wir haben dieses Thema sehr schnell ad acta gelegt, um uns auf bevorstehende Aufgaben konzentrieren zu können. Auch die Verantwortlichen im Verein haben uns zu verstehen gegeben, dass sie trotzdem stolz auf uns und unsere bisherigen Leistungen sind. Manchmal kann es ganz gut sein, wenn man sich nur auf eine Sache konzentriert. Die Pokalauslosung haben wir natürlich verfolgt und wünschen dem SC Staaken viel Erfolg bei den bevorstehenden Aufgaben.

Kabine: Kommen wir zum SV Lichtenberg 47. Seit Benjamin Plötz (als Sportlicher Leiter) und Uwe Lehmann das Zepter im »Zoschke« schwingen, erlebt 47 erfolgreiche Zeiten und das stabil seit rund fünf Jahren.
Was machen die beiden anders? Was macht – in Ihren Augen – diesen Club aus?

SR: Die unglaubliche Hingabe für den Verein zeichnet die beiden besonders aus. Sie besitzen enorme Führungsstärke und eine hohe Sozialkompetenz. Benny und Uwe setzen Dinge sehr schnell um und es wird nicht nur daher geredet, was man so alles  tun könnte. Ich kann Ihnen trotzdem nicht genau sagen, was die beiden anders machen, da ich die Arbeit anderer Trainer und Funktionäre nicht bewerten kann und möchte. Es bleibt mir nur zu sagen, dass der Verein und wir als Team uns enorm glücklich schätzen können, speziell dieses Gespann an unserer Seite zu haben. Oft wird über Lichtenberg gesagt, dass es dort sehr familiär zugeht. Es gibt intakte Familien und es gibt eben andere. Meistens sind diejenigen Familien intakt, welche offen über Probleme, Sorgen oder andere Dinge reden. Das macht uns vielleicht aus und das verlangt auch gerade unser Trainer von uns. Wir spielen aus meiner Sicht alle gern zusammen und lieben diesen Sport.

Der Aufstieg ist für Lichtenberg 47 kein Muss


Kabine: Wo siedeln Sie den SV Lichtenberg 47 momentan im nordostdeutschen bzw. im Berliner Fußball an? Was geht noch?

Sebastian Reiniger SV Lichtenberg 47

Drang nach vorne – Sebastian Reiniger(Bildmitte) in des Gegners Strafraum, links Kulecki, rechts Hollwitz

SR: Sollte unsere sportliche Entwicklung nicht stagnieren und die Schaffung noch besserer Rahmenbedingungen vorangetrieben werden, könnten wir uns langfristig unter den Top 5 Teams in Berlin festsetzen, trotz deutlich geringerer finanzieller Mittel. Im nordostdeutschen Fußball spricht unsere derzeitige Platzierung und auch die Art und Weise, wie diese zustande gekommen ist, für sich. Ich persönlich möchte den Verein eine Liga höher etablieren. Dies heißt nicht, dass der Aufstieg jetzt ein Muss ist.

Kabine: Eine neue Vorbereitung ist immer ein Bruch. Mitunter geht es nicht so weiter, wie es bisher gelaufen ist. Spinnen wir mal die Geschichte, der SV Lichtenberg 47 macht im Februar da weiter, wo er im Dezember aufgehört hat und steht am Ende der Spielzeit auf dem Treppchen. Unabhängig von der Infrastruktur, die für einen möglichen Regionalliga-Aufstieg angepasst werden müsste, kann das Team, das aktuell zusammenspielt, Ihrer Meinung nach, die sportliche Hürde Regionalliga stemmen bzw. an welchen Stellschrauben müsste Ihres Erachtens noch gedreht werden? Immerhin bekommen Sie es in der Regionalliga auch mit Vollprofis zu tun. Aktuelles Negativ-Beispiel ist Optik Rathenow. Dort wird ohne Zweifel seriös, ernsthaft und vor allen Dingen finanziell solide gearbeitet, gewinnen können die Optiker aber anscheinend nichts. Sehen Sie diese Gefahr für Lichtenberg 47?

SR: Wir hoffen natürlich alle, dass wir da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Die Vorbereitung werden wir nutzen, um uns noch besser abzustimmen. Sollten wir tatsächlich den Sprung schaffen und der Verein die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, wäre es durchaus vorstellbar, dass das aktuelle Team und eventuell ein bis zwei Verstärkungen die Hürde »Regionalliga« stemmen könnte. Ich persönlich kenne diese liga nicht, weiß aber von Freunden und Mitspielern, dass dort ein deutlich höheres physisches Niveau notwendig ist. Das haben wir derzeit sicher noch nicht. Fußballerisch können sich einige bei uns noch entwickeln und haben enormes Potential. Die Regionalliga könnte dabei sogar helfen. Die Gefahr wäre natürlich trotzdem vorhanden, da wir die Situation Rathenow natürlich auch verfolgen. Aus meiner Sicht verfügt Optik über einen fantastischen Kader, der durchaus das Potential für den Klassenerhalt hat.

Rückspiel gegen TeBe wird die Meisterschaft entscheiden


Kabine: Da wir schon beim Thema Profi-Fußball sind: Wie ordnen Sie das ein, was seit einigen Jahren in der ganz oberen Etage des Fußballs vor sich geht? Nur noch Geld und Kommerz. Wie lange kann das noch so weitergehen? Wird der Amateurfußball von diesen Geldexzessen profitieren können, sodass der normale Lichtenberger Fußball-Fan sagt: Ich habe genug von der Geldschneiderei, Hertha, BVB oder Bayern sind mir egal, ich gehe lieber zu 47 und genieße da den echten Fußball , ohne lästiges Entertainment?

SR: Ich denke es wird vorerst so weitergehen. Ich vermute viele Vereine, darunter auch Traditionsvereine, werden sich Investoren öffnen müssen, da sonst wahrscheinlich ein Fortbestehen im Profifußball nicht möglich ist. Die Fans lieben trotzdem Ihre Vereine. Solange die Vereine es hinbekommen, Stadionpreise und ähnliches auf einem erträglichen Niveau zu halten und die Fans mitbestimmen können, sehe ich keine große Gefahr. Die Liebe für diesen Sport ist bei so vielen Menschen viel größer als der Ärger über Millionengehälter oder Investoren, welche die Vereine oft als Spielzeug oder Machtinstrument benutzen oder schlichtweg nur ausnutzen. Der Amateurfußball hat in der Vergangenheit jedenfalls sowohl finanziell profitiert, als auch schon sehr negative Erfahrungen gemacht. Das Beispiel Viktoria Berlin macht das ganz deutlich. Ich persönlich hoffe natürlich, dass wir noch mehr Fans und Zuschauer für Lichtenberg 47 begeistern können, bin persönlich aber stolz auf all diejenigen, die uns seit Jahren begleiten und unterstützen. An eine große Abwanderung von den Profi-Vereinen glaube ich allerdings nicht. Schön ist es doch, sofern es finanziell und zeitlich möglich ist, sich vielleicht beides anzuschauen.

Kabine: Zum guten Schluss: Ihre Prognose für die zweite Halbserie?

SR:  Wir werden eine konstante Rückrunde spielen und das Rückspiel gegen TeBe wird die Meisterschaft entscheiden.

 

Fotocredits: Fotos zu diesem Interview alle © edition Alaska; info@edition-alaska.com