Uwe Lehmann: 14 normale Oberligaspiele mit Endspielcharakter

Vor rund fünfeinhalb Jahren beendete Uwe Lehmann seine aktive Karriere und wechselte aus dem Mittelfeld der 47er direkt auf die Trainerbank. Aus heutiger Sicht sowohl für Verein wie auch für den Trainer ein echter Glücksfall. Zusammen mit seinem Sportlichen Leiter Benjamin Plötz (ebenfalls ehemals Spieler in Lichtenberg) hob Uwe Lehmann das Team in die obere Etage des nordostdeutschen Amateurfußballs. Die Saison 2018/2019 könnte die Krönung in der bisherigen Karrieredes jungen Trainers werden. Die Oberliga-Meisterschaft und der damit verbundene Aufstieg in die Regionalliga winkt. Doch Uwe Lehmann wäre nicht Uwe Lehmann, würde er sich vom bisherigen erfolgreichen Saisonverlauf täuschen lassen. Ehe das große Ziel erreicht ist, liegt noch viel Arbeit vor Team und Trainer.

Haben hoffentlich die richtigen Schlüsse gezogen

Uwe Lehmann, SV Lichtenberg 47

Beim Warmlaufen: Letzte Taktikbesprechung mit Co-Trainer Fabio Corghi

Kabine: Am kommenden Wochenende startet die Liga in die Rückrunde. Auf Lichtenberg wartet mit Regionalliga-Absteiger Neustrelitz nicht unbedingt ein Aufbaugegner.
Ist Ihr Team für den Rückrundenstart gut gerüstet? Inwieweit geben die guten Ergebnisse aus der Vorbereitung, besonders gegen Luckenwalde und Chemie Leipzig Auskunft über den Zustand der Mannschaft?

UL: Wir sind mit der Vorbereitung gesamtheitlich zufrieden. Die Spieler haben sehr gut mitgezogen. Auch die Ergebnisse und Spielverläufe stimmen uns zuversichtlich für den schweren Saisonstart gegen Neustrelitz. Wir erwarten einen – für Oberligaverhältnisse – physisch und spielerisch starken Gegner.

Kabine: Blenden wir noch einmal zurück: Torgelow im Dezember. Nach einer 2:0-Führung hat Ihr Team den guten Jahresausklang vergeigt und zwei Punkte auf Verfolger Tennis Borussia großzügig verspielt. Wie gehen Sie als Trainer mit einer solchen Situation um? Da müssen Sie am Spielfeldrand doch Zustände bekommen. Wie vermitteln Sie Ihren Jungs, dass sie auf diese Weise möglicherweise fahrlässig Meisterschaft und Regionalliga-Aufstieg verspielen und sich um den Lohn für ein Jahr Arbeit bringen?

UL: Das Spiel in Torgelow hätten wir – in der Analyse betrachtet – gewinnen müssen, sowohl anhand des Spielverlaufes wie auch der Torchancen. Allerdings muss ich auch dem Greif aus Torgelow anerkennend ein Kompliment aussprechen. Sie haben an diesem Tag sehr gut gespielt. Generell sind sie zu Hause sehr erfolgreich und hatten auch schon vor diesem Spiel häufig gepunktet. Da  meine Spieler in keinster Weise fahrlässig oder überheblich gespielt haben, kann ich damit sportlich gut umgehen. Wir haben, so wie immer, das Spiel analysiert und werden hoffentlich die richtigen Schlüsse daraus ziehen, damit wir auswärts keine 2:0-Führungen mehr aus der Hand geben.

Benjamin Plötz und ich sind hochmotiviert

Benjamin Plötz, Uwe Lehmann, SV Lichtenberg 47

Erfolgsgespann: Benjamin Plötz (v. re.) und Uwe Lehmann (li. hinten)

Kabine: Der SV Lichtenberg 47 ist in der Liga bislang ungeschlagen. Eine großartige Leistung, die allerdings auch Gegenwind hervorruft. Nun wollen es alle dem ungeschlagenen Liga-Primus zeigen und legen noch eine Schippe drauf. Ist das Ihnen und Ihren Spielern bewusst und wie gehen Sie damit um? Welche Gefahren sehen Sie in der Rückserie auf Ihr Team zukommen?

UL: Generell haben Sie absolut Recht. Dass jeder Gegner gegen den Tabellenführer ein paar Prozentpunkte mehr an Motivation an den Tag legt, das ist allerdings in der Hinrunde schon mehrfach der Fall gewesen. Die Mannschaft ist damit sehr gut umgegangen. Taktisch hat es meist den Hintergrund, dass der Gegner aus einer Konterhaltung relativ tiefstehend gegen uns agiert und wir damit umgehen müssen.

Kabine: Sie sind seit 2013 Trainer bei Lichtenberg 47 und haben diesen Verein, zusammen mit Ihrem Sportlichen Leiter Benjamin Plötz, in die obere Etage des Amateurfußballs gehoben und dort auch, bislang dauerhaft, etabliert. Genügt Ihnen bzw. dem Verein, auf Dauer in der Oberliga oben mitzuspielen oder muss jetzt endlich der Sprung nach oben kommen, um der Sache ein neues, weiteres Feld zu eröffnen?

UL: Unverändert sind sowohl Benjamin Plötz, als auch ich hochmotiviert, dieses Projekt weiter voranzutreiben und das ganzheitlich. Der Sprung in die Regionalliga wäre sportlich ein Traum für alle Beteiligten. Allerdings muss es immer realistisch und nachhaltig funktionieren und hier liegt die Schwierigkeit. Die Rahmenbedingungen, handelnde Personen und das Umfeld müssen gleichermaßen mitwachsen und verbessert werden. Die Zukunft wird zeigen, ob diese Mammutaufgabe zu realisieren sein wird. Ich für meinen Teil bin unverändert guter Dinge.

Regionalliga-Fußball im »Zoschke« wäre grandios

Kabine: Sind wir ehrlich, in Lichtenberg werden auch bei einem Aufstieg in die Regionalliga nicht die großen Gelder fließen, was von der Sache her auch ok ist. Könnten Sie mit Ihrem aktuellen Personal – die eine oder ander Verstärkung hinzugerechnet – die neue Aufgabe stemmen? Regionalliga im »Zoschke«, eigentlich eine grandiose Vorstellung.

UL: Benjamin Plötz und ich sind im regelmäßigen transparenten Austausch mit dem gesamten Kader. Wir würden die Herausforderung annehmen. Sicherlich bedarf es der einen oder anderen Verstärkung, um nicht von vorne herein chancenlos zu sein. Und auch hier kann ich Ihnen absolut zustimmen, Regionalliga-Fußball im »Zoschke« wäre mehr als grandios!

Kabine: Sie sind jetzt fünfeinhalb Jahre Trainer in Lichtenberg. Im Fußballgeschäft sind fünfeinhalb Jahre eine verdammt lange Zeit (Ausnahmen wie Volker Finke, Christian Streich oder der »ewige Ingo« Ingo Kahlisch in Rathenow bestätigen diese Regel). Normalerweise bleibt erfolgreiche Arbeit nicht unbeobachtet und weckt Begierden. Hat bei ihnen schon ein Verein von oben angeklopft bzw. wie würden Sie mit einer solchen Anfrage umgehen?

UL: Ja, dass ein Trainer über einen so langen Zeitraum mit einer Mannschaft arbeitet, das ist sehr selten in unseren Breitengraden. Allerdings sind die von Ihnen angeführten Beispiele auch Indiz dafür, dass, so das Verhältnis zwischen den Beteiligten stimmt, eine erfolgreiche Zusammenarbeit entstehen kann. Ich denke, dass meine Arbeit durchaus bemerkt und auch reflektiert wird. Allerdings beschäftige ich mich inhaltlich mit keinerlei Anfragen, egal ob lose oder verbindlich, da für mich geschlossene Verträge und die damit verbunden Zusagen, verbindlich sind. Denn nur dann können beiderseitige Planungen und Zielstellungen erreicht werden.

Die Jungs genießen meinen allerhöchsten Respekt

Uwe Lehmann, SV Lichtenberg 47

Uwe Lehmann kurz vor Spielbeginn: Ein letzter prüfender Blick auf »seine Jungs«

Kabine: Fußball heißt ja immer Bewegung. Zunächst müssen Sie ein erfolgreiches Team formen, welches dann auch über einen bestimmten Zeitraum funktioniert. Immer wieder muss nachjustiert, sprich der eine oder andere Spieler muss ersetzt werden. Und irgendwann steht dann ein größerer Umbruch an. Lichtenberg 47 ist unter Ihnen und Benny Plötz zu einem besonderen Verein geworden. Da kamen Spieler, denken wir mal an David Hollwitz oder Maik Haubitz, die anderswo garantiert mehr Geld bekommen könnten. Derzeitiger Status: Sie haben ein Team geformt, das prächtig funktioniert. Wenn überhaupt, woran fehlt es diesem Team noch?

UL: Grundlegend denke ich, dass auch hier – einzeln – das Projekt sowie die beteiligten Personen dafür verantwortlich sind, dass wir als Team so zusammen sind, wie wir es sind. Jeder Einzelne kann mit hoher Wahrscheinlichkeit überall mehr Geld verdienen als bei Lichtenberg 47. Aber genau das macht jeden Einzelnen so wertvoll für uns, denn er hat sich bewusst gegen mehr Geld entschieden. Und dafür genießen die Jungs meinen allerhöchsten Respekt. Ich denke, wenn wir vom Verletzungspech verschont bleiben, haben wir alles, was wir brauchen, um erfolgreich zu sein.

Kabine: Kommen wir noch einmal auf die Rückrunde und den Aufstieg zu sprechen. Ihr Spieler Sebastian Reiniger hat an dieser Stelle gesagt, das Rückspiel gegen Tennis Borussia wird die Aufstiegsfrage entscheiden. Gehen Sie da mit oder sehen Sie noch andere potenzielle Konkurrenten, die heute noch nicht so unbedingt auf der Rechnung stehen?

UL: Ja, beim Aufeinandertreffen dieser beider Teams wird es sicherlich um sehr viel gehen. Allerdings betrachten wir die kommenden 14 Spiele alle gleich: Es sind normale Oberligaspiele mit Endspielcharakter (schmunzelt).

 

 

 

 

 

 

Alle Fotos auf dieser Seite: Copyright edition Alaska