Niklas Wollert: Den Fokus auf unsere Spiele richten

Lichtenberg 47-Goalie Niklas Wollert hat schon viel von der nordostdeutschen Fußballwelt gesehen. SC Rehberge, Füchse Berlin, Tennis Borussia, Berliner SC und Carl Zeiss Jena hießen seine Stationen, ehe er zum 1. Juli 2015 zu Lichtenberg 47 ins »Zoschke« wechselte. Seither ist Niklas Wollert eine feste Säule im Mannschaftsgefüge der »47er«. Wir wissen nicht erst seit gestern, dass ein guter Torhüter für den einen oder anderen Punkt im Lauf einer Saison gut ist.

Kabine: Frage an den Fachmann: Kann ein Trainer einen Torhüter zu einer WM mitnehmen, der rund neun Monate nicht gespielt hat?

NW: Wenn ein Spieler in der Vergangenheit auf höchstem Niveau gespielt hat und nach seiner Verletzung wieder fit ist, dann finde ich, dass diese Entscheidung okay ist. Für einen Torwart sind regelmäßige Abläufe im Training und vor allem aber auch die Spielpraxis von hoher Bedeutung. Ich denke, dass es richtig war, einen Torwart wie Manuel Neuer mit zur WM zu nehmen. Ob es die richtige Entscheidung war ihn spielen zu lassen, ist dann nochmal eine andere Frage.

Ter Stegen ist im Kommen

Niklas Wollert SV Lichtenberg 47

Niklas Wollert und Philip Einsiedel

Kabine: Ist Manuel Neuers Zeit abgelaufen? Wer ist Ihrer Meinung nach der beste deutsche Torhüter und warum?

NW: Neuer war für mich sehr lange der beste deutsche Torwart. Er hat die Anforderungen, die ein Torwart heutzutage erfüllen sollte, auf ein neues Level gehoben. Gerade in den letzten Monaten hat sich ter Stegen aber durch seine Paraden und durch seine Spieleröffnungen stark auf die Nummer 1 in der Nationalmannschaft beworben. Wenn er diese Form weiter hält, führt kein Weg an ihm vorbei.

Kabine: Früher war es so: Derjenige, der nicht gerade laufen oder den man auch sonst nicht brauchen konnte, wurde einfach ins Tor gestellt. Heute sind die Ansprüche an den Torhüter ganz andere. Wie sieht für Sie das perfekte und moderne Torwartspiel aus?

NW: Ja, es war immer wie auf dem Bolzplatz: Der Dickste muss ins Tor. Aber das Torwartspiel hat sich mit den Jahren ganz schön verändert. Heutzutage reicht es nicht nur aus, wenn man gute Reflexe auf der Linie hat. Grundsätzlich ist das Halten von Bällen immer noch die primäre Aufgabe. Viel wichtiger als damals, sind aber die Aspekte Stellungsspiel und Mitspielen geworden. Ein Torhüter muss heutzutage frühzeitig Situationen erkennen und in das Spielgeschehen eingreifen. Daher ist es mittlerweile fast selbstverständlich, dass ein Torwart auch während gegnerischen Angriffen weiter rausrückt, um lange Bälle abzulaufen. Außerdem hilft es der Mannschaft, wenn nicht jeder Ball nur rausgeschlagen wird, sondern in den richtigen Situationen auch spielerische Lösungen gefunden werden.

Wechsel nach Jena ein besonderer Schritt

Kabine: Sie waren bei Carl Zeiss Jena, einem Verein mit großer Tradition und fanatischen (manchmal vielleicht zu fanatischen) Fans. Wie haben Sie das Abenteuer Jena erlebt. Was hat diesen Verein ausgezeichnet oder weshalb war dieser Club anders als andere?

NW: Der Wechsel zu Carl Zeiss Jena war ein besonderer Schritt in meinem Leben. Ich bin damals im Alter von 17 Jahren in die A-Jugend Bundesliga gewechselt und konnte in den 3 Jahren viele sportliche, sowie persönliche Erfahrungen sammeln. Im Torwarttraining mit Heiko König konnte ich viele wichtige Dinge mitnehmen – sportlich und auch menschlich. Generell ist der FC Carl Zeiss Jena ein Verein mit großer Tradition und fanatischen Fans. Man hat die Begeisterung und positive Besessenheit für den Verein in der ganzen Stadt gemerkt und nicht ausschließlich nur im Stadion. Ich wünsche dem Club, dass er den Klassenerhalt in dieser Saison noch schafft.

Bei Lichtenberg 47 sind alle mit dem Herzen dabei

Niklas Wollert SV Lichtenberg 47

Niklas Wollert und Steve Jarling beim Warm-Up

Kabine: Wie kam der Wechsel zu Lichtenberg 47 zustande?

NW: Ich habe vor vier Jahren eine Ausbildung zum Industriekaufmann angefangen, wollte aber weiterhin leistungsorientierten Fußball spielen. Emre Yildirim, einer meiner besten Freunde, hat damals für L47 gespielt und mir den Verein empfohlen. Nach guten und vor allen Dingen immer ehrlichen Gesprächen mit Benjamin Plötz und dem Trainerteam, gab es für mich keine Zweifel mehr an dem Wechsel.

Kabine: Was zeichnet diesen Verein aus?

NW: Lichtenberg 47 zeichnet vor allem das familiäre und gut strukturierte Umfeld aus. Man wird von allen Beteiligten sehr gut aufgenommen und jeder ist für jeden da. Das merkt man vor allem auch innerhalb des Teams. Der Verein hat eine klare Philosophie und schafft es, auch mit den eher geringen verfügbaren Mitteln, sehr viel zu bewegen und uns zu ermöglichen. Ich denke, dass der Verein eine stetige aber große Entwicklung über die Jahre gemacht hat. Man merkt bei Lichtenberg, dass alle mit Herz dabei sind – angefangen bei Benjamin Plötz und unserem Trainer- und Funktionsteam, bis hin zu den Spielern und allen ehrenamtlichen Helfern und Fans.

Den Fokus auf unsere Spiele richten

Kabine: Wie bewerten Sie die aktuelle Saison?

NW: Die Saison verläuft bislang sehr gut. Unser Ziel ist es, in diesem Jahr mehr Punkte zu sammeln, als in der letzten Saison. Bislang sind wir auf einem guten Weg. Dennoch haben wir noch einige Spiele vor uns, in denen uns alles abverlangt werden wird.

Kabine: Die Saison biegt auf die Zielgerade ein. Stand jetzt sieht es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Tennis Borussia aus. Wie beurteilen Sie die Situation?

NW: Tennis Borussia hat bereits zu Beginn der Saison das Ziel ausgesprochen, dass sie in dieser Saison aufsteigen wollen. Dies haben sie mit vielen Transfers auch untermauert. Mit Hertha 03 Zehlendorf und Greifswald (auch wenn sie keine Dokumente für die Regionalliga abgegeben haben) gibt es auch noch zwei andere Mannschaften, die diese Saison noch nicht abgehakt haben und ebenfalls versuchen am Ende ganz oben zu stehen. Wir wollen den Fokus aber auf unsere Spiele richten und versuchen, einfach so viele Punkte zu sammeln, wie es geht. Was am Ende dabei rauskommt, das werden wir dann sehen.

 

Fotos Niklas Wollert: Copyright edition Alaska