Ein roter Löwe auf der Brust

Ein roter Löwe auf der Brust! Oder darf es auch gerne mal ein Hirsch sein? Doch der Reihe nach. Der Braunschweiger Turn- und Sportverein (BTSV) Eintracht kurz Eintracht Braunschweig hat mittlerweile fast 125 Jahre auf dem Buckel. In all diesen Jahren gab es reichlich was zu erleben. Meisterschaften, Europapokalabende, Skandale, Paul Breitner – alles war geboten. Wir arbeiten hier ein paar Dinge – allerdings nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge – ab.

Der Hirsch auf dem Trikot

Im März 1973 überraschten Eintracht-Präsident Balduin Fricke und Jägermeister-Chef Günter Mast die Fußballwelt. Der Jägermeister-Hirsch verdrängte den Eintracht-Löwen vom Trikot. Natürlich regten sich alle auf. Die DFB-Oberen ganz vorneweg. Der Braunschweiger Dreh: Der Hirsch wurde Club-Logo und war im Durchmesser nicht größer als 14 Zentimeter. Und das war, laut Statuten ok. So weit so gut.
Vor dem Bundesligaspiel gegen Schalke 04 rückte Schiedsrichter Franz Wengenmeyer aus München mit dem Zollstock an und kontrollierte. Danach gab es noch die Rückversicherung beim DFB. Dann konnte endlich gespielt werden. Das Spiel endete mit einem ziemlich unspektakulären 1:1. »Bubi« Bründl für Braunschweig und Peter Ehmke erzielten die Tore.
Dieses ganze Theater um den Hirsch war der Anfang zum Thema »Trikotwerbung«. Auch andere Vereine wollten von dieser Art Werbung profitieren. Es gab ein Hin und Her. Im Herbst 1973 ließ der DFB Trikotwerbung zu. Vor der nächsten Spielzeit 1974/75 gab es Stress mit dem Fernsehen. Die moralinsauren Sittenwächter der ARD wollten ihren Zuschauer nicht zumuten, dass da beispielsweise Kicker mit einem »adidas«-Schriftzug (FC Bayern) durchs Bild liefen. Deshalb gab es in den ersten Wochen dieser Saison keine bewegten Bilder. Die Älteren werden sich noch erinnern. Ja, ja, die Werbung …

Deutscher Meister, Europacup, Skandal

Ein roter Löwe auf der Brust, Autor Bläsig signiert

Autor Horst Bläsig signiert die Eintracht-Chronik, im Hintergrund Eintracht-Ikone Bernd Gersdorff

1967 wurde Eintracht Braunschweig völlig überraschend Deutscher Meister. Eine Region feierte ihre Helden. Und nicht nur die. Was an dieser Stelle auch nicht vergessen werden soll: Zu Zeiten, da in Berlin kein erstklassiger Fußball zu sehen war, pilgerten alle 14 Tage 1000 Berliner und mehr über die Transitstrecke nach Braunschweig, um sich die Spiele der Eintracht anzusehen. Sicherlich ein erhebendes Gefühl für die Weitgereisten, kennt doch der Berliner, damals wie heute, die Schale nur aus dem Fernsehen oder von Bildern.

Der Meisterschaft folgten die Europacup-Krimis gegen Rapid Wien und Juventus Turin. gegen den italienischen Titelträger schied die Eintracht nach einer unglücklichen Niederlage im Entscheidungsspiel im Wankdorf-Stadion in Bern aus. Danach sollten dunkle Wolken heraufziehen.
Anfang der 70er Jahre erschütterte der Bundesliga-Skandal die deutsche Fußballlandschaft. Für ein Trinkgeld warfen einige Akteure ihre Karriere weg und halfen bei der Ergebnisgestaltung etwas nach. Prominentes Eintracht-Opfer: Der geniale Lothar Ulsaß, der danach mehr oder minder nie mehr auf die Beine kam. Verzockt!

In den späten 70ern machten die Braunschweiger noch einmal Schlagzeilen. Sie holten Weltmeister Paul Breitner von Real Madrid nach Braunschweig. Breitner schien sich in Braunschweig allerdings nicht sehr wohl zu fühlen. Die Liaison mit der Eintracht dauerte nur ein Jahr.

Braunschweig – Berlin – eine gute Verbindung


Etliche Berliner trugen das Gelb-Blau der Eintracht. Nationalkeeper Horst »Luffe« Wolter, Bernd Gersdorff oder Goalgetter Norbert Stolzenburg waren Berliner, die an der Hamburger Straße gespielt und geglänzt haben. Doch die Schiene funktionierte auch in die andere Richtung: Der ehemalige Berliner Verbandstrainer Friedhelm Haebermann hat fast ein Jahrzehnt das Trikot mit dem Löwen auf der Brust getragen. Mitte der 70er Jahre trainierte Eintracht-Meistertrainer Johannsen Tennis Borussia und führte die Charlottenburger zurück in die Bundesliga.

Eine umfassende Vereinschronik

Inhaltlich ist das Buch klar strukturiert: Die guten alten Zeiten (bis 1962), die bei genauerer Betrachtung auch mal weniger gut waren, die guten Zeiten (von 1963 bis 1993) und die bescheidenen Zeiten (seit 1993). Co-Autor Hardy Grüne, der für die frühe Vereinsphase verantwortlich zeichnet, leuchtet auch die düsteren Kapitel der Eintracht aus.

Horst Bläsig führt den Leser durch Teil zwei. Obwohl die Eintracht in diesen Jahren ihre erfolgreichste Phase erlebte, musste sie auch große Schicksalsschläge hinnehmen. Jürgen Moll, Spieler der Meistermannschaft von 1967, und Lutz Eigendorf, einige Jahre zuvor aus der DDR geflohen, verunglückten beide tödlich. Bei Eigendorf besteht bis heute (mehr als nur) der Verdacht, es könnte jemand nachgeholfen haben.

Alex Leppert, dem Dritten im Bunde, ist es dann vorbehalten, die »Neuzeit«, die die Eintracht hauptsächlich in der Drittklassigkeit verbrachte, zu präsentieren. Obwohl, blicken wir auf die 90er Jahre: Da lieferte sich die Eintracht mit Erzrivale Hannover 96 erbitterte und rekordverdächtige Duelle in der damaligen Regionalliga Nord. Hannover sollte am Ende die Nase vorne haben. Und nicht zu vergessen: Am Ende bietet das Buch auch noch einen großen Statistik-Teil, der keine Wünsche offen lässt.

Verlag Die werkstatt, Ein roter Löwe auf der BrustHorst Bläsig | Alex Leppert

Ein roter Löwe auf der Brust
Die Geschichte von Eintracht Braunschweig

416 Seiten, Format 17 x 24 cm, Hardcover
Fotos, Spielerlexikon, Statistik

ISBN: 978-3-89533-675-1

24,90 €