
Im Auslandseinsatz: Marcus Ahlbeck (damals Örgryte IS) und Horst Bläsig
Kabine: Hallo Herr Bläsig, als Chefredakteur der Berliner »Fußball-Woche« sind Sie sowohl am Profi-, als auch am Amateurfußball ganz nah dran. Die Zeiten sind aufregend. Printmedien verlieren an Auflage, gleichzeitig tauchen immer neue Portale im Netz auf, die den Informationsdurst des Nutzers – teilweise sogar umsonst – stillen wollen. Wie verhält es sich in Ihrem Segment »Amateurfußball« und bei Ihrem Produkt »Fußball-Woche«?
HB: Das ist richtig. Es ist schwer, das ganze Geflecht im Netz noch überschauen zu können. Es gibt unzählige Seiten, die sich aktuell an Texten/Fotos/Videos gegenseitig überbieten. Positiv: Der Amateurfußball erhält einen hohen Stellenwert, Tendenz durchaus steigend. Generell ist in der Zeitungslandschaft zu beobachten, dass das Regionale und Lokale in den Vordergrund rückt. Dies kommt natürlich dem Amateurfußball zu gute. Die Kehrseite ist, dass diese zahlreichen und vielfältigen im Informationen als Nischenprodukt im Netz verschwinden oder versacken.
Oberstes Gebot, die Leser immer ausgiebig zu informieren

Gutes Zeichen: Die Fans orientieren sich wieder vermehrt in Richtung Amateurfußball
Kabine: Kommen wir mal zu Ihrer »Fußball-Woche«. Fragen wir mal provokant: Wenn ich so viele Informationen von irgendwelchen Portalen bekommen kann und das auch noch kostenlos, weshalb sollte ich mir für teuer Geld eine Zeitschrift kaufen?
HB: Gehen wir in der Historie zurück in die 80er, dann war die »Fuwo« die einzige Informationsquelle, aus der sich die Interessierten über den Amateurfußball informieren konnten. Die »Fußball-Woche« am Montag war quasi Pflicht und ein Selbstläufer. Mittlerweile haben sich die Dinge grundlegend geändert, eines ist aber gleich geblieben: Unser oberstes Gebot ist es, unsere Leser immer ausgiebig zu informieren und ihnen auch noch einen Mehrwert zu bieten. Die Basisinfos sind die eine Sache, tiefer gehende Informationen eine andere. Wir versuchen, ganz nah am Amateurfußball dran zu sein. In unserem Heft finden Sie kompetente Analysen. Zudem kommen die Akteure selbst zu Wort, beispielsweise bei den »Sonntagsfragen«. Da werden einer ausgewählten Person direkt am Sonntag drei Fragen zum aktuellen Geschehen gestellt. Die Antworten können Sie am Montagmorgen in der aktuellen Ausgabe der »Fußball-Woche« lesen.
Komplette Übersicht über alle Spielklassen
Kabine: Durch die diversen Portale ist der Informationsfluss heute ein ganz anderer. Nehmen wir mal FuPa oder fussball.de, das vom DFB betrieben wird. Da steigt morgens um 10 Uhr und zwei Stunden später steht das Ergebnis im Netz. Das ist doch eigentlich der Wahnsinn. Die Frage ist dann auch noch: Wie wertig ist das, was im Netz in den Portalen erscheint? Woher kommen die Informationen? Wie seriös sind sie? Sind es nur blanke Zahlen oder ist mehr dahinter?
HB: Wir müssen uns vordergründig auf unsere eigene Arbeit konzentrieren. Der Kampf um die Leser ist hart. Wir müssen auch in Zukunft das liefern, was andere nicht liefern können. Wer montags die »FuWo« kauft, findet eine komplette Übersicht über alle Spielklassen und über alle Mannschaften des Vereins, für den sich die jeweilige Person interessiert – angefangen von den 1. Herren über die zweite Mannschaft bis hin zur Jugend. Alles auf einen Blick.
Trumpfkarte FuWo-Sonderheft

Das FuWo-Sonderheft – die Bibel des Berliner Fußballs
Kabine: Das Stichwort »Alles auf einen Blick« bringt uns zu Ihrem jährlichen Sonderheft. Vor Saisonbeginn erscheint das »Fußball-Woche-Sonderheft«, ein umfangreiches Nachschlagewerk rund um den Fußball in Berlin, Brandenburg und im deutschen Fußball-Nordosten. Das Heft lässt sich – ohne jeden Zweifel – als Klassiker bezeichnen. Dazu fallen uns die folgenden, brennenden Fragen ein: Wie aufwändig ist die Herstellung dieses Sonderheftes? Lohnt sich der große Aufwand? Erreichen Sie mit diesem Heft auch Fußballfreunde außerhalb Ihres ursprünglichen Gebietes? Wird es in absehbarer Zeit möglicherweise eine digitale Ausgabe geben?
HB: Der Aufwand ist in der Tat sehr groß, aber wenn man das über 220 Seiten starke Heft dann in den Händen hält, ist das ein tolles Gefühl. Außenstehende können nur erahnen, wie viel Detailarbeit darin steckt. Aber das Sonderheft hat sich etabliert, rechnet sich und ist ja auch in ganz Deutschland zumindest an Flughäfen und Bahnhöfen erhältlich. Wenn es die Montagsausgabe irgendwann digital geben sollte, dann sicherlich auch das Sonderheft.
Nach wie vor verdient Print das Geld
Kabine: Plant die Fußball-Woche angesichts der aktuellen Gegebenheiten in der Fußball-Landschaft Veränderungen im eigenen Haus?
HB: Wir beobachten sehr genau, was um uns herum passiert. Aktuell sind keine Veränderungen geplant. Unser Credo wird weiterhin sein, das zu liefern, was andere nicht liefern. Und das zuverlässig jede Woche neu. Was Veränderungen angeht: Selbstverständlich denken wir über den Ausbau unseres Online-Angebotes nach. Das ist aber auch eine wirtschaftliche Frage. Unser Geld verdienen wir nach wie vor mit dem Print. Wir müssen beides in den nächsten zwei, drei Jahren gut ausbalancieren. Bezahlschranken für Online-Content sind dabei eine Überlegung.
Spürbares Besinnen auf den Amateurfußball
Kabine: Für unsere Begriffe ist der Profifußball gerade dabei, sich das eigene Grab auszuheben. Kommerz ohne Ende. Viele Zuschauer gehen ins Stadion, weil es vielleicht gerade in ist oder um Party zu machen. Der Sport scheint weniger interessant. Kann das gut gehen? Wie nehmen Sie als Medienprofi, der tagtäglich mit Fußball in jeder Form zu tun hat, das wahr?
HB:: In der Tat, es ist spürbar, dass sich immer mehr Leute vom großen Fußball abwenden und sich wieder auf die Basis Amateurfußball besinnen. Wie weit das noch gehen wird, das vermag ich an dieser Stelle nicht zu sagen. Es gibt viele Leute, denen ein Spiel der 3. Liga mehr gibt als beispielsweise ein Premier League-Spiel. Diese Tendenz lässt sich bis in den Amateurfußball verfolgen. Beispiele gibt es dafür genug. Da verfolgen 250 Zuschauer ein Bayernligaspiel bei Schwaben Augsburg und genießen einen schönen Abend. Ohne Brimborium und Geschrei des Stadionsprechers. Da ist Fußball noch Fußball und kein Entertainment.
Kabine: Diese Hinwendung zum regionalen und lokalen Sport müsste Ihnen und der »Fußball-Woche« doch in die Karten spielen?
HB: Für uns wird sich soviel nicht ändern. Wir sind weiterhin gehalten, unseren Lesern gute Geschichten, spannende Analysen und reichlich Hintergrundwissen zu liefern. Wir wollen weiterhin jeden Montag ein informatives und lesenswertes Heft am Start haben. Das ist eine umfassende und schöne Aufgabe.
Hier geht es zur »Fußball-Woche«
Fotocredits: Der Fuwo-Titel sowie der Titel des FuWo-Sonderheftes wurden uns dankenswerterweise von der Fußball-Woche Verlags GmbH zur Verfügung gestellt, das Foto von Marcus Ahlbeck und Horst Bläsig © edition Alaska; contact: info@edition-alaska.com