Ist doch ein geiler Verein – das Original

»Ist doch ein geiler Verein« Altona 93

»Ist doch ein geiler Verein« – Altona 93

Anmerkung der Redaktion: Dieses Interview mit Christoph Ruf stammt aus dem Jahr 2009. Da es in den vergangenen neun Jahren nichts von seiner Aktualität verloren hat (eher im Gegenteil), haben wir uns entschlossen, es hier noch einmal zu präsentieren. Siehe auch »Ist doch ein geiler Verein – reloaded« und «Ist doch ein geiler Verein – das Buch«.

Kabine: Hallo Herr Ruf. Ihr Buch, »Ist doch ein geiler Verein«,  dürfte mittlerweile wohl in die Riege der Fußball-Klassiker aufgestiegen sein. Sie haben dafür den Fußball-Kulturpreis 2008 erhalten und auch ansonsten erfreut es sich großer Beliebtheit. 

CR: Ich bin ganz zufrieden. Das Buch verkauft sich stetig. Neulich war ich bei einer Lesung, bei der es eigentlich um unser neues Buch »In der NPD« ging. Im Grunde ganz anderes Publikum, aber selbst da ging »der geile Verein« über den Tisch. Das Buch verkauft sich regelmäßig. Ich denke, der Verlag ist ebenfalls zufrieden. Man muss dabei auch sehen, dass Fußballbücher generell nicht unbedingt Bestseller sind.

Kabine: Das Buch überzeugt schon äußerlich. Dieses Foto und dann der Titel, das ist absolut auf den Punkt. Besser geht es nicht. Dieser Typ im gelben Trikot, dem man selbst von hinten ansieht, dass er schon den einen oder anderen über dem Eichstrich intus hat und diese Rinne. Unglaublich! Wie sind Cover und Titel entstanden?

CR: Das Foto wurde mir von einem Bayreuther Fan zugesandt. Wir waren uns schnell einig, dass es wie die Faust aufs Auge zum Tenor des Buches passt. Die – nun ja – sanitäre Anlage war damals das letzte unüberdachte Freilichtklo in einem deutschen Fußballstadion. Mittlerweile wurde sie leider abgerissen. Der Titel stammt ebenfalls aus Bayreuth, als ich dort mein erstes Spiel gesehen habe, einen Heimsieg gegen die zweite Mannschaft von Greuther Fürth, freute sich ein Fan geradezu ekstatisch über den Siegtreffer und schrie laut : »Ist doch ein geiler Verein!« Um Sekunden später wesentlich leiser nachzuschieben: »Warum merkt das nur keiner?«

Kabine: Nach welchen Kriterien haben Sie die Clubs ausgewählt?

»Ist doch ein geiler Verein« VfR Aalen

»Ist doch ein geiler Verein« – VfR Aalen

CR: Offen gesagt: Völlig willkürlich. Ursprünglich wollte ich mit Dartpfeilen auf eine Landkarte werfen und den Pfeilen hinterher reisen, aber bei meinen Dartkünsten hätte ich sicher die Ostsee getroffen. Ich bin dann rein nach dem Lustprinzip vorgegangen, z.T. dorthin gereist, wo ich Jahre zuvor schon mal war und nette Erinnerungen damit verbunden hatte, wie z.B: Tebe Berlin oder dem KFC Uerdingen. Teilweise habe ich das Buchprojekt aber als rational begründbare Ausrede genommen, um meine komplett irrationale Neugier zu befriedigen: erklären Sie mal jemandem, dass es Sie rein privat interessiert, was bei einem Heimspiel von Chemie Halle, dem SC Pfullendorf, dem VfR Aalen oder Altona 93  passiert. Und dass Sie deswegen jetzt mal ein paar Tage weg sind.

Kabine: Nun, wir könnten das schon verstehen …

CR: … (lacht) …

Kabine: … wie wird das eigentlich bei den Leuten vor Ort wahrgenommen. Irgendwann waren die Vereine eine gute Adresse und jetzt sind sie, wahrscheinlich hoffnungslos, ins Niemandsland abgestürzt?

CR: Es handelt sich ja hier nicht um Sozialromantik. Die Leute wissen schon sehr genau, was die Stunde geschlagen hat und, dass der Club nie mehr hochkommen wird. Es sei denn, es passiert irgendetwas außergewöhnliches. Dazu kommt, dass die Vereine sich ja selbst in diese Lage gebracht haben. In der Regel sind die Ursachen in Missmanagement zu suchen. Oder man ist einfach mal wieder dem erstbesten geltungssüchtigen Großmaul hinterhergelaufen.

Kabine: Wie sind Ihnen die Leute bei Ihrer Recherche entgegengekommen?  War da die Bereitschaft mitzumachen oder gab es eher Ablehnung?

CR: Nein, die Leute waren sehr kooperativ. Die waren dankbar und haben sich gefreut, dass sich jemand dafür interessiert. Besonders kommunikativ waren die normalen Fans.

Kabine:  Wahrscheinlich ist Ihr Buch gerade im richtigen Augenblick erschienen, um beim wirklichen Fußball-Fan auf Interesse zu stoßen. Wenn man sieht, was seit geraumer Zeit im Bereich Fußball abgeht, dann muss man sich wirklich fragen, wo der Weg generell noch hinführen soll. Da steht nur noch das Geld im Vordergrund.

Sie waren auch in Hoffenheim und berichten über eine Sache, in der sich Dietmar Hopp nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Wie nehmen Sie einen Menschen wie ihn wahr?

CR: Wie sich Dietmar Hopp gegenüber Herrmann Gerland verhalten hat, war definitiv nicht in Ordnung. Ansonsten habe ich mit ihm kein Problem. Neulich habe ich allerdings etwas erlebt, das hat mir ernsthaft zu denken gegeben. Da lief ein etwa vierzehnjähriger Junge mit einem Trikot des VfL Wolfsburg herum. Das war schon etwas irritierend.

Kabine: Sie wissen, dass Sie sich mit diesem Buch die Latte verdammt hoch gelegt haben. Haben Sie schon ein neues Buchprojekt in Planung?

CR: Das ist schon klar, damit habe ich jetzt eine Marke gesetzt. Im Augenblick arbeite ich an einem politischen Buch. Der Anspruch, mit einem neuen Buch über diese Latte zu kommen, der muss schon da sein.