Johan Cruyff

Des Chronisten Erstkontakt mit Fußball-König Johan Cruyff fand am Abend des 28. Mai 1969 statt. Just an jenem Abend wurde Ajax Amseterdam im Estadio Santiago Bernabeu im Finale im Cup der Landesmeister vom AC Milan nach Strich und Faden abgebügelt. Für den Chronisten war es ok. Hatte er sich doch vor Jahresfrist – als sich sowohl der FC Bayern als auch der Hamburger SV im Cup der Cupsieger an Milan die Zähne ausbissen – in die Fußballkunst des »golden boy« Gianni Rivera verliebt. Insofern war an diesem Abend alles paletti. Was von Amsterdamer Seite hängen blieb: Ajax-Kapitän Velibor Vasovic verwandelte eiskalt einen Elfmeter gegen Cudicini und die weißen Ajax-Trikots mit dem roten Balken.

»Fußballer des Jahres 2000«

Etwa anderthalb Jahre später lag das Buch »Torjäger des Jahrhunderts« auf dem Gabentisch des Chronisten. In diesem Buch tauchten Spieler auf, von denen er bis dahin noch nie gehört hatte: Arthur Friedenreich, Adolfo Pederna, Arsenio Erico, Isidor Langara, Alberto Spencer und etliche mehr. Echt spannend. Und da gab es ein Wiedersehen. Der einzige Niederländer (als Holland geführt) war ein gewisser Johan Cruyff. Der Autor heftete ihm das Etikett »Fußballer des Jahres 2000« an. Dazu gab es ein ganzseitiges Bild, das einen dynamischen Cruyff zeigte. Der Samen war gelegt.

Ajax Amsterdam – das Überteam der frühen 70er

Rund ein halbes Jahr später wurde aus dem Londoner Wembley Stadion das Finale im Europacup der Landesmeister übertragen. Ajax siegte gegen Panathinaikos Athen mit 2:0. Der Auftakt einer dreijährigen Ajax-Herrschaft im europäischen Fußball. Von nun an war jener Johan Cruyff mindestens einmal im Jahr bei diesen Endspielen zu bewundern. Dazwischen gab es immer mal wieder Berichte über die Fußballkunst des Niederländers. In der Spielzeit 1972/73 gab es eine Extra-Portion. Im Viertelfinale im Cup der Landesmeister musste der FC Bayern München gegen Ajax Amsterdam antreten. Das Hinspiel in Amsterdam (es fand übrigens am Aschermittwoch statt) war eine Lehrstunde für Beckenbauer und Co., die an diesem Abend alles andere als souverän wirkten. Ajax war einfach eine Klasse für sich und dieser Johan Cruyff war der Leader. Fußball einer anderen Dimension. Folgerichtig gewannen die Niederländer ein gutes Vierteljahr später den Landesmeistercup zum dritten Mal in Folge.

Wir wollten sein, wie Johan Cruyff

Doch in jenem Sommer zerfiel das große Ajax-Team. Johan Cruyff wechselte zum FC Barcelona. Ein Verlust, der für das Team nicht zu ersetzen war. Der FC Bayern löste Ajax in Europa ab. Doch es war noch nicht das Ende des Voetbal Totaal, wie das System Ajax genannt wurde. Der Glanzpunkt sollte noch kommen: Die WM 1974. Die Niederländer, die mehr oder minder alle von Ajax oder Feyenoord kamen, lieferten ein Freudenfest des Fußballs ab.

Als begeisterte junge Fußballer, sogen auch wir in jenen Tagen das Spiel der Niederländer auf. Spätestens amTag nach einem Spiel der Niederländer flitzen wir über den Platz und versuchten König Johan zu kopieren. Klar, es war ein unmögliches Unterfangen, aber wir trugen ein imaginäres Trikot in der Farbe orange. Wir trugen eine imaginäre Nummer 14 auf dem Rücken. Wir wollten sein wie Johan Cruyff. Beckenbauer, Müller, Overath und Netzer – bei aller ihrer fußballerischen Qualität – hatten wir jede Woche in der Sportschau. Johan Cruyff bei dieser WM oder in den Cup-Endspielen zu sehen, das war für uns immer der höchste Fußball-Feiertag.

Mit Johan Cruyff wurde alles anders

Wie dem Buch zu entnehmen ist, so geriet auch der Autor bei der WM 74 ins Schwärmen, als er Johan Cruyff spielen sah. Dietrich Schulze-Marmeling legt ein schönes Buch zum Thema Niederlande und Johan Cruyff vor und bringt dabei dem deutschsprachigen Leser den niederländischen Fußballkönig nahe. Und das ist gut so. Johan Cruyff hat es verdient.

Diese Geschichte beginnt jedoch lange vor Johan Cruyff. Und das ist wichtig, um zu verstehen, was in den 60er Jahren in den Niederlanden passiert ist. Der Autor geht ausführlich darauf ein, warum der niederländische Fußball bis Ende der 60er Jahre in Europa nicht wirklich präsent war. Mit der Generation Cruyff explodierte der niederländische Fußball und bereitete dem Zuschauer sehr viel Freude. Und nachhaltig war diese »Explosion« ebenfalls: Seit Cruyff haben es die Niederländer immer wieder geschafft, große Teams aufzubauen bzw. große Spieler hervorzubringen. Eine großartige Leistung.  Bis auf den EM-Titel von 1988 sind sie bislang leider titellos geblieben.

Johan Cruyff – Visionär auf dem Fußballfeld

Sind wir ehrlich, Cruyff war ein streitbarer Visionär, der immer nach dem noch Besseren strebte. Das begann als Spieler bei Ajax, setzte sich in seiner Zeit als Spieler in Barcelona fort und auch als Barca-Trainer verfolgte er diese Linie weiter. Wir können getrost sagen: Johan Cruyff hat einen sehr großen Fußabdruck hinterlassen. Leute wie er, die zu jeder Zeit mehr Leistung einfordern und selten zufrieden sind, sind in der Regel für ihre Mitbürger nur schwer zu ertragen. Bedenkenträger und Bremser jeglicher Couleur sind schließlich reichlich vorhanden. Wozu sich bewegen, wenn es doch irgendwie geht?

Der König und sein Spiel – Pflichtlektüre für jeden Fußballfreund

Das Buch »Der König und sein Spiel« ist in jedem Sportbuchregal sehr gut aufgehoben. Ganz davon abgesehen, dass der Inhalt auch heute noch fußballerisch sehr aktuell ist. Eigentlich Pflichtlektüre für alle jungen Spieler, die es in ihrem Sport weiterbringen möchten. Kommt noch dazu, dass sich auf diversen You-Tube-Kanälen die Anleitung in Wort und Bild finden lässt. Und ganz ehrlich, Cruyff-Videos aus der Ajax-Zeit sind auch heute noch fußballerische Schmankerl. Und das, obwohl seither mehr als 45 Jahre ins Land gegangen sind.

 

 

 

 

 

Johan Cruyff, Verlag Die WerkstattDietrich Schulze-Marmeling
Der König und sein Spiel
Johan Cruyff und der Weltfußball

352 Seiten 13,5 x 21,5 cm Paperback Fotos
ISBN: 978-3-89533-845-8

2., aktual. Auflage 2016

19,90 €

e Book

ca. 360 Seiten ePUB-Format Fotos
ISBN: 978-3-89533-846-5 (ebook)

2., aktual. Auflage 2016

12,99 €