Fieberwahn

Fieberwahn – Ein Buch das absolut in die Zeit passt. Auf der einen Seite werden die Millionen und Milliarden gescheffelt, die Gegenseite geht krachen, weil sie sich die Butter auf dem Brot nicht leisten kann. Turbo-Kapitalismus in Reinkultur oder gerne auch die Welt ist schlecht und ungerecht. Für diese Erkenntnis können sich die armen Hunde, die auf der falschen Seite stehen, allerdings rein gar nichts kaufen. Autor Christoph Ruf hat Geschichten zusammengetragen, die den Leser frösteln lassen.

Wasser predigen …

Am Anfang lässt gleich das Lieblingsfeindbild vieler – der gute alte DFB – die Halsadern anschwellen. Und das liegt nicht nur allein am Thema »Regionalliga«, das nun seit mehr als sechs Jahren die Fußballgemüter erhitzt. Wer sich diese Reform damals hat einfallen lassen, der hat nicht nur eine goldene Himbeere verdient. Was den Clubs an der Schnittstelle zum Profifussball da angetan wird, das spottet jeder Beschreibung. Und noch besser: Nach unten wird es nicht besser und nach oben  – Liga 3 –  geht die Hungerleiderei, allerdings in leicht abgespeckter Form, weiter. Die Futtertröge stehen nun mal erst in Liga 1 und 2. Die heuchlerischen Aktionen des DFB »Unsere Amateure – echte Profis« oder »www.fussball.de«, mit launigen Geschichten aus dem Amateurlager, sind nichts anderes als Lippenbekenntnisse von Funktionären, die an Änderungen am Status Quo nicht wirklich interessiert sind. Wie war das doch: Wasser predigen …

Limonade makes the world go round

Blättern wir weiter, landen wir bei der 50+1-Regel. Auch dieses Thema ist ein absoluter Aufreger. Momentan sind die Clubs in Deutschland noch vor dem absoluten Zugriff von Investoren geschützt. Doch wie lange noch? Wie die Zukunft aussehen könnte, zeigt ein Blick nach England. Im Fußballland, in dem augenblicklich Milch und Honig fließen, geht es nur noch um Kommerz. Eintrittspreise, die sich keiner mehr leisten kann, immer mehr Jet-Set-Fans … Good job, merry Old England! Eigentlich heißt es, von den Fehlern anderer zu lernen. Ob auf diesem Sektor, in dem alle mit blinkenden Dollarzeichen in den Augen herumlaufen, auch nur ein Einziger irgendetwas lernt bzw. lernen will, das sei mal dahingestellt. Die blanke Gier ist wahrscheinlich stärker als jedweder Lerndrang.
Wobei wir nun bei unseren Freunden von RasenBallsport Leipzig sind. Schon allein der Name ist ein Kracher. Selten so gelacht. RasenBallsport, abgekürzt RB, klingt eher wie Red Bull oder rote Bullen. Vor einiger Zeit veröffentlichte RB die Bilanz, welche Millionenschulden gegenüber dem Brausekonzern in dreistelliger Höhe auswies. Sowas nennt man dann wohl Abhängigkeiten oder anders gesagt, der Club hängt am Limonadentropf. Ein Vorgeschmack auf das, was kommen könnte, wenn Investoren den vollen Zugriff auf Vereine bekommen. Und wirklich Tradition wird ein solcher Club nie aufweisen können.

Fieberwahn trifft Transferwahnsinn

In einem solchen Buch darf ein Thema auf keinen Fall fehlen: Der Transferwahnsinn. Neymar für lausige 220 Millionen von Barcelona zu PSG. Festgeschriebene Ablösesumme bei Ronaldo gar 500 Mio. Das sind Dinge, die nicht mehr nachzuvollziehen sind. Im Gefolge dieses Wahnsinns kosten nun Spieler, die nur mal eben unfallfrei geradeaus laufen können, auch schon über eine Million. Sind wir ehrlich: Wer braucht das? Wahrscheinlich keiner. Erstaunlich ist nur, dass Leute, die nur einen winzigen Bruchteil dessen verdienen, was diese kickenden Millionarios einstreichen, immer noch bereit sind große Summen für Pay TV, Merchandising oder Eintrittskarten auszugeben. Für einen Bruchteil dieses Geldes liesse sich beim nächsten Ober- oder Verbandsligisten Fußball an der Basis erleben. Fußball live, eben.

Fieberwahn … musste unbedingt geschrieben werden

Autor Christoph Ruf bei einer PK

Christoph Ruf: Auch bei brandigen Themen immer sachlich und seriös

Autor Christoph Ruf hat ein Buch zusammengetragen, das unbedingt geschrieben werden musste. Akribisch handelt er Programmpunkt für Programmpunkt ab. Die üblichen Verdächtigen sind auch alle versammelt. Ob dieser Geschichten schwillt beim Leser ab und an die Halsschlagader kräftig an. Doch sind wir ehrlich: Wenn der Fußball wirklich nur ein Spiegel dieser Gesellschaft ist, dann dürfen wir uns nicht ernsthaft wundern. Im richtigen Leben geht es bekanntlich ja auch nicht viel anders ab.

Den Autor zeichnet aus, dass er seine Geschichten nüchtern und sachlich erzählt und nicht auch noch Öl ins lodernde Feuer gießt. Das ist seriöser Journalismus. Im Buch selbst geht Christoph Ruf auch auf ein paar Berufskollegen ein, die ganz offensichtlich eine deutlich andere Berufsauffassung haben. Alles für eine Schlagzeile … Diese Passage ist lustig zu lesen (obwohl der Sachverhalt alles andere als lustig ist). Fassen wir zusammen: Erstens: Ein Buch, das – wie wir eben schon festgestellt haben – unbedingt geschrieben werden musste. Zweitens: Ein Buch, das jeder der den Fußball liebt, unbedingt lesen sollte. Drittens: Ein Buch, das jeder aufmerksam lesen sollte, der am Ausverkauf der Sportart »Fußball« beteiligt ist. Viertens: Eigentlich wäre es besser gewesen, dieses Buch hätte niemals geschrieben werden müssen. Dann würden wir – schlicht und einfach – in einer entschieden besseren Welt leben.

 

 

 

Copyrighthinweis: Das Foto von Christoph Ruf wurde uns dankenswerterweise vom Autor zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Cover Christoph Ruf, Fieberwahn, Verlag Die WerkstattChristoph Ruf

Fieberwahn
Wie der Fußball seine Basis verkauft

Verlag Die Werkstatt

192 Seiten, Format 13 x 21,5 cm, Paperback

ISBN: 978-3-7307-0350-2 (print)

2. Auflage 2018

Preis: 14,90 €

ISBN: 978-3-7307-0360-1 (ebook/ePUB)

2. Auflage 2018

Preis: 9,99 €