KFV-Platz an der Telegraphenkaserne

KFV-Platz an der Telegraphenkaserne

Der KFV-Platz an der Telegraphenkaserne zu seinen besten Zeiten                                 Foto: KFV-Archiv

KFV-Platz an der Telegraphenkaserne

KFV-Platz an der Telegraphenkaserne in der Frühzeit.                             Foto: KFV-Archiv

Anfang der 1900er Jahre begann die »Fußlümmelei« ihren Siegeszug durch Deutschland. So auch in der badischen Residenzstadt Karlsruhe. Dort hatte Fußball-Pionier Walther Bensemann den Samen des Fußballs gestreut. Nun sollte so langsam die Ernte beginnen. 1891 wurde hier der Karlsruher FV 1891 gegründet. Dieser Verein sollte in den kommenden Jahren Fußballgeschichte schreiben. Zunächst spielten die Karlsruher auf dem Engländerplatz. 1904 wurde den aufstrebenden Kickern von der Stadt Karlsruhe ein rund 20.000 Quadratmeter großes Gelände an der Hertzstrasse zur Verfügung gestellt. Mit sehr viel Eigenarbeit und hartem Einsatz schuf sich der Karlsruher FV dort seine neue Heimat. Und eben diese Heimat sollte unter dem Namen KFV-Platz an der Telegraphenkaserne (alternativ: Telegrafenkaserne) ebenfalls noch Fußballgeschichte schreiben. Interessant: Die später namensgebende Telegraphenkaserne wurde erst im Jahr 1907 erbaut.

Das neue Stadion wurde am 1. Oktober 1905 unter der Schirmherrschaft von Prinz Max von Baden eingeweiht. Erster Gegner war der FC Zürich. Der Karlsruher FV geizte zu diesem freudigen Anlass nicht mit Toren und schickte die Schweizer mit einer 8:0-Packung wieder nach Hause. Dem torreichen Spektakel wohnten rund 2000 Zuschauer bei.

In den folgenden Jahren erweiterte der Club sein Areal stetig. So kamen Tennis-Plätze und ein Vereinsheim dazu. In der KFV-Chronik ist zu lesen, dass die Umkleideräume für die Spieler sehr komfortabel gewesen sein sollen. Badeanlagen, gemäß englischem Vorbild inklusive.

Historisches Terrain: Erster Sieg der deutschen Länderspielgeschichte

In den Jahren 1909 und 1910 wurde in diesem Stadion dann aber richtig Geschichte geschrieben. Am 4. April 1909 traf die deutsche Nationalmannschaft auf dem KFV-Platz auf die Schweiz. Die Mannschaft, die an diesem Tag den ersten Sieg in der Länderspielgeschichte einfahren konnte, bestand nur aus Süddeutschen. Das goldene Tor erzielte Eugen Kipp (Sportfreunde Stuttgart) in der 25. Minute (andere Quellen nennen die 38. Minute).
Dieser Tag, ein Sonntag im übrigen, hatte es überhaupt in sich. Während in Karlsruhe die »Süddeutschen«-Nationalelf gegen die Schweiz siegte, spielte in Budapest eine weitere deutsche Nationalmannschaft. Diese bestand aus Spielern aus Berlin, Leipzig und Norddeutschland. »Team Deutschland II« rang den Ungarn in Budapest ein beachtliches 3:3 ab. Möglich war dies, da der DFB zu dieser Zeit in sich ziemlich uneins war und so gleich zwei Mannschaften ins Rennen schickte.

Am 1. Mai 1910 stieg auf dem KFV-Platz an der Telegraphenkaserne das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. Gastgeber KFV erwartete den Lokalrivalen Phönix. Dieses Spiel lockte rund 8000 Zuschauer – eine für damalige Verhältnisse beachtliche Kulisse – ins Stadion. Der Karlsruher FV behielt nach intensivem Spiel mit 2:1 die Oberhand und zog ins Finale ein. In Köln holten die Badener dann auch den Titel. Vor einigen Jahren wurden Filmaufnahmen von diesem Halbfinale aufgefunden. Stand jetzt dürften dies wohl die ältesten erhaltenen Filmaufnahmen eines Fußballspiels aus der Frühzeit sein.

Nach dem 2. Weltkrieg: Besucherrekord und Niedergang

Stadion an der Telegrafenkaserne, KFV

… und sie steht immer noch, die Mauer. Ehemaliges Stadiongelände im Sommer 2018

Im Zweiten Weltkrieg war der KFV-Platz Ziel mehrerer Bombenangriffe. Am Ende war der Platz völlig zerstört und hatte mit einem Fußballstadion nur noch wenig zu tun. Zudem hatte ihn die US Army beschlagnahmt, um dort ihre Fahrzeuge zu parken. Nach 1946, als sich die Dinge so langsam wieder normalisierten, kehrte auch der Fußball wieder in die Anlage an der Hertzstrasse zurück.

Bei den Verantwortlichen reiften Pläne, an dieser Stelle ein Karlsruher Großstadion für rund 40.000 Zuschauer zu bauen. Die Stadt Karlsruhe ging diesen Weg jedoch nicht mit. Sie wollte aus durchaus verständlichen Gründen lieber in dringend notwendigen Wohnungsbau investieren.

KFV-Gedenkstein und Altersheim

Ehemaliges KFV-Gelände: Einst traditionsreiches Stadion, heute Altenpflegeheim, li. KFV-Gedenkstein

Die Entscheidung der KFV-Verantwortlichen, die Sache dann eben selbst in die Hand zu nehmen, führte den Verein fast in die Pleite. Ohne Geld für neue Spieler begann der langsame aber stetige sportliche Niedergang des Vereins.
In dieser Zeit wurde auch der Besucherrekord auf dem KFV-Platz aufgestellt. Interessanterweise hat der Hausherr KFV damit nichts zu tun. 35.000 Zuschauer drängelten sich am 19. Juni 1949 beim Viertelfinalwiederholungsspiel um die Deutsche Meisterschaft an der Telegraphenkaserne. Nach einem 2:2 n.V. im ersten Spiel machten die Offenbacher Kickers in Karlsruhe mit einem 2:0-Sieg über Wormatia Worms den Halbfinaleinzug klar.

Aus und vorbei: Der Abriss – das Ende einer großen Geschichte

Julius Hirsch-Str, KFV

Erinnerung an den KFV-Stürmer Julius Hirsch, der nach Auschwitz deportiert wurde

Einhergehend mit dem sportlichen Niedergang des KFV verlor auch das Stadion immer mehr an Bedeutung. Nach fünf Jahren in der 2. Liga Süd (1952 bis 1957) war der Verein ab der Spielzeit 1957/58 in der 1. Amateurliga Nordbaden angekommen. Die letzten Highlights waren drei badische Pokalsiege (1961, 1962, 1965) und die nordbadische Amateurmeisterschaft 1974. Danach ging es für den Verein endgültig bergab. Der Weg des KFV führte hinab in die B-Klasse, bis hin zur Zahlungsunfähigkeit. Die Zeit des KFV-Platzes an der Telegraphenkaserne war damit abgelaufen. Das Stadion wurde 2006 abgerissen.Zu dieser Zeit war der KFV-Platz das älteste Fußballstadion Deutschlands.
Ein Teil des Geländes übernahm in der Folge KFV-Nachbar FC West Karlsruhe. Das andere Teilstück ging an den Badischen Landesverein für Innere Mission, der dort ein Altenheim betreibt. An die ruhmreiche Vergangenheit dieses Geländes erinnern nur noch Gedenktafeln und Straßenschilder. Deutlich zu wenig für einen sporthistorischen Ort dieser Kategorie.

 

 

 

Vielen Dank an das KFV-Archiv, das die historischen Fotos zu diesem Beitrag zur Verfügung gestellt hat, alle anderen Fotos © edition Alaska